Anne-Kathrin Berg
Anne-Kathrin Berg
Thema: Leichte Sprache im Diskurs: Bedeutung und Akzeptanz öffentlich-rechtlicher Nachrichten in „vereinfachter Sprache“ (Arbeitstitel)
Betreuer*in: Prof. Dr. Bettina M. Bock (Köln); Zweitbetreuerin Prof. Dr. Melanie Siegel (Darmstadt)
Abstract:
Aufgrund verschiedener gesetzlicher Anpassungen zugunsten der Rechte von Menschen mit Behinderung etablierten sich in Deutschland vermehrt Angebote mit dem Ziel der Barrierefreiheit auch im sprachlichen Bereich (vgl. Rink, 2020: 29f., vgl. UN-BRK, 2009, vgl. BGG, 2016, vgl. MStV, 2022). Die Erforschung der öffentlichen Akzeptanz oder Ablehnung von Leichter und Einfacher Sprache insbesondere hinsichtlich Nachrichten bleibt jedoch Desiderat. Akzeptanz zu beschaffen, ist aber in vielerlei Hinsicht für demokratische Gesellschaften erforderlich (vgl. Lucke, 1996: 478f.). Die Forschungsarbeit geht der Frage nach, welche Meinungsäußerungen sich bezüglich vereinfachter Nachrichten im Internet zeigen, welche Sprachideologien diesen zugrunde liegen und wie sich dadurch Akzeptanz oder Ablehnung bezüglich vereinfachter Nachrichten ausdrücken. „Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz artikulieren sich […] hauptsächlich im Medium der Sprache“ (Lucke, 1995: 341).
Der Deutschlandfunk (DLF) veröffentlicht seit über zehn Jahren regelmäßig Nachrichten unter dem Titel „nachrichtenleicht der Wochen-Rückblick in Einfacher Sprache“. Einfache Sprache ist durch einen etwas komplexeren Sprachstil gekennzeichnet als die Leichte Sprache (vgl. Kellermann, 2014: 7). Die Einfache Sprache der Nachrichten soll Redakteur:innen mehr Freiheiten erlauben, so Rita Vock, DLF (vgl. Meyer, 2021). Neben dem DLF stellen auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR), der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) sowie der Saarländische Rundfunk (SR) mindestens wöchentlich Nachrichten in Leichter bzw. Einfacher Sprache bereit (vgl. BPB, 2017). In Österreich ist es der ORF, der Nachrichten in leicht verständlicher Sprache präsentiert (vgl. Wimmer, 2021: 127). Seit dem 12. Juni 2024 bietet auch die ARD ein Tagesschauformat in Einfacher Sprache an, das öffentlich kontrovers diskutiert wird (vgl. Schiffler 2024).
Verständlich zu kommunizieren ist generell ein journalistisches Anliegen (vgl. Schneider & Raue, 2012: 51). Doch im Rahmen der ursprünglich laienlinguistisch konzipierten Leichten Sprache folgt die Vereinfachung einigen Regeln, die nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechen. Kritik daran zeigt sich z.B. in öffentlichen Diskussionen. Diekmannshenke identifiziert hier das Gespenst des Sprachverfalls (vgl. Diekmannshenke, 2017: 115). Auch Bock stellt unter Kritiker:innen eine Angst vor „Bildungs- und Sprachverfall“ fest. Darüber hinaus würde Leichte Sprache implizit oder explizit mit ‚niedrigem Niveau‘ verknüpft. Der vereinfachte Stil werde ebenso bemängelt, wie fehlende inhaltliche und sprachliche Differenzierung. Adressatenorientierung und situationsabhängige Angemessenheit Leichter Sprache geraten dabei aus dem Blick (vgl. Bock 2015: 9f.). Zudem fehlen Erkenntnisse über die Einstellungen der Zielgruppe(n). Die Forschungsarbeit nimmt beides in den Blick, um Anhaltspunkte zu identifizieren, die zur Akzeptanzsteigerung vereinfachter Nachrichten beitragen könnten. Denn an der positiven Wahrnehmung von Leichter Sprache sei aktiv zu arbeiten (vgl. Bredel & Maaß, 2016: 11). Fragen in Bezug auf Akzeptanz und Ablehnung von Leichter Sprache stehen nach wie vor im Raum und sollten beantwortet werden, damit Barrierefreiheit dauerhaft Erfolg haben kann (vgl. Bock, 2019: 94).
Methodisch werden für die Analyse der Meinungsäußerungen die linguistische Diskursanalyse gewählt und für die Befragung der Zielgruppenvertreter:innen leitfadengestützte Interviews. Der Begriff Diskurs wird hier gemäß Michel Foucault verwendet. Was gesellschaftlich als wahr definiert wird, nennt Foucault ‚Wissen‘. Laut Foucault gibt es kein Wissen ohne „diskursive Praxis“ (vgl. Foucault [1969] 1981: 260f.). „Wissen wird also gebraucht, um alle Erkenntnisverfahren und -wirkungen zu bezeichnen, die in einem bestimmten Moment und in einem bestimmten Gebiet akzeptabel sind“ (Foucault [1990] 1992: 32; Herv. im Orig.). Das Wissen legt fest, wie Menschen die Welt, sich selbst und andere wahrnehmen und wie sie handeln. Wissen bestimmt aber auch, wer in einer Gesellschaft Macht besitzt (vgl. Spitzmüller, 2022: 232). Nach Busse/Teubert definieren sich Diskurse als „virtuelle Korpora, die über inhaltliche Gemeinsamkeiten verfügen“ (Busse & Teubert, 1994). Soziale Werte werden darin kommunikativ ausgehandelt (vgl. Spitzmüller, 2013: 282). Die linguistische Diskursanalyse bietet methodischen Zugriff auf das sprachliche Material (vgl. Spieß, 2011: 11 f.).
Literaturverzeichnis:
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Bock, Bettina M. (2021): „Wir alle” und „fremdsprachige Kinder”. Soziale Ein- und Ausschließung in metapragmatischen Diskursen. In: Lublin Studies in Modern Languages and Literature 45 (2), S. 147–159.
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